Der Grüne Schal

Was klingt wie der Titel eines kürzlich wieder entdeckten Edgar-Wallace Krimis oder eines der momentan so gut laufenden Erotik Büchern steht in diesem Fall tatsächlich als Sinnbild für geplatzte Illusionen.
Vor etwas mehr als einem Jahr verriet mir eine damals sehr gute Freundin, dass sie mir einen Schal als Geschenk stricken möchte und ließ mich sogar die Farbe aussuchen. Natürlich entschied ich mich für Grün. Warum gerade Grün? Einfach weil Grün für mich eine ganz besondere Farbe ist und sie für mich ein ganz besonderer Mensch ist. Kurz darauf schickte sie mir ein Bild von dem angefangenen Schal. Ich freute mich schon riesig darauf – ein grüner Schal, wie geil ist das denn bitte? Und dann auch noch von dem Menschen, der mir mit am meisten auf der Welt bedeutet.

Vor genau einem Jahr saßen wir zusammen in einem Cafe in einem großen Kaufhaus in einer nicht ganz so großen dafür aber umso schöneren Stadt. Sie strickte und ich nippte an meinem Kaffee und sah ihr zu. Es machte mich glücklich zu sehen, wie entspannt und glücklich sie war, ganz anders, als noch einige Zeit zuvor. Sie hatte einiges an Tiefschlägen des Lebens hinnehmen müssen und ich hatte versucht, ihr in dieser schweren Zeit eine verlässliche Stütze zu sein, jemand den sie zur jeder Tages- und Nachtzeit anrufen oder anschreiben konnte, jemand der ihr zuhörte, ohne sie zu be- oder verurteilen.
Doch danach muss irgendetwas passiert ein. Ich habe keine Ahnung was, jedenfalls habe ich diesen grünen Schal, auf den ich mich so gefreut hatte, – eben nicht nur weil es ein grüner Schal ist, sondern auch wegen dem, was er darüber hinaus mir bedeutet hat -, nie bekommen. Es war irgendwann einfach nicht mehr die Rede davon und ich habe mich auch nie getraut nachzufragen. Schließlich war er ja als Geschenk gedacht und ich hatte keinerlei Anrecht oder ähnliches darauf. Ich hoffe nur, er wärmt nun einem anderen lieben Menschen den Hals und das Herz und dass dieser andere Mensch ihn genauso wertschätzen kann wie ich.

Vor etwa einem Viertel Jahr zerbrach dann unsere Freundschaft. Natürlich nicht abrupt sondern schleichend vorher, aber zu diesem Zeitpunkt wurde eben das unausweichliche ausgesprochen. Sie hatte sich immer mehr von mir zurück gezogen und alle meine Versuche, die Freundschaft zu diesem Mädchen, dass mir so viel bedeutet, zu retten, scheiterten. Dazu kam, dass ich nun schwere Zeiten durchlebte und mir von ihr Unterstützung wünschte, die sie mir aber nicht gewähren konnte oder wollte. Meine Fragen nach dem Warum wertete sie als persönliche Angriffe gegen sich und warf mir vor, ich würde ihr nicht glauben. Ich habe ihr geglaubt, aber ich habe nicht verstanden, warum sie so handelte, wie sie gehandelt hat und wollte das einfach verstehen. Schon um die Chance zu haben, ändern zu können, was sie auf einmal an mir gestört haben muss. Ich muss nach wie vor täglich an sie denken und quäle mich mit der Frage, was ich hätte anders machen können und ob ich glücklicher wäre, wenn ich einfach nichts gesagt hätte, nicht nachgefragt hätte und so getan als wäre es das normalste auf der Welt, wenn sich gute Freunde auf einmal von einem abwenden und dafür zumindest auf dem Papier immer noch mit ihr befreundet wäre.
Mit dem Ende dieser Freundschaft wurde viel mehr zerstört als nur eine Freundschaft – dieses Mädchen hat mir eindrücklich wieder vor Augen gerufen, warum ich vor langer Zeit in meiner Jugend beschlossen hatte, niemanden mehr zu trauen, mich niemanden mehr anzuvertrauen, mich komplett zu verschließen – um eben genau das zu vermeiden, von jemandem verletzt zu werden, den man sehr gern hat, mit dem man seine Ängste und Hoffnungen, Träume geteilt hat. Ich fühle mich ausgenutzt und leer und wieder einmal darin bestätigt, dass nett sein einem im Grunde nur schadet. Hätte ich die Wahl würde ich mir heute als Charaktereigenschaft lieber Arschloch als netter Typ geben lassen, dann wäre ich wenigstens glücklich.

Der grüne Schal wurde so für mich von einem Symbol der (Vor-)Freude und tief empfundener Freundschaft zu einem Symbol der Enttäuschung, des im Stich gelassen werden und falscher Freundschaft.

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Eine Antwort auf “Der Grüne Schal”

  1. Für mich völlig überraschend hat diese Episode doch noch ein versöhnliches Ende gefunden.
    Zum Einen hatte ich mich mit der betreffenden Person doch noch ausgesprochen und wir hatten unsere Freundschaft zwischenzeitlich wiederbelebt. (Auch wenn sie nun ein weiteres Mal zerbrochen ist).
    Und zum Zweiten haben mir neulich andere gute Freunde einen solchen grünen Schal geschenkt. Selbst gestrickt mit gedeckten Grüntönen und superlang. Ich selber hatte gar nicht mehr an diesen Post hier gedacht, um so mehr habe ich mich gefreut.
    Auch wenn mir dieses Geschenk zum Ende einer weiteren sehr wichtigen Ära in meinem Leben überreicht wurde. Danke Dani und Markus nochmal auch auf diesem Weg.

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